next up previous contents
Next: Plastidenentwicklung Up: Diskussion Previous: Maximum-Likelihood-Methode

Entwicklung der Aktingene

Bei den Eukaryoten existieren die unterschiedlichsten Ausprägungen in Bezug auf ihre Ausstattung mit Aktingenen. Es gibt viele Organismengruppen, die nur ein einzelnes Aktingen besitzen. Dazu zählen Pilze, Grünalgen und Ciliaten, aber auch die benutzten Organismen Cyanophora paradoxa (Glaucocystophyta), Giardia lamblia (ein Protozoon, das keine Mitochondrien besitzt) und verschiedene Heterokontophyta, wie Costaria costata , Fucus distychus , Phytophthora megasperma und Achlya bisexualis . Daneben gibt es viele Eukaryoten, die verschiedene Aktintypen und -gene besitzen. Dies sind u.a. viele Heterokontophyta (außer den oben genannten), Pflanzen, Tiere, Schleimpilze und die Organismen Emiliana huxleyi (Haptophyta) und Trypanosoma brucei . (Bhattacharya and Ehlting, 1995)

Betrachtet man nun den mit der Maximum-Likelihood-Methode berechneten Stammbaum (Abb. 6.1) aus den ersten beiden Codon-Positionen des Aktingens, so zeigt sich, daß die unterschiedlichen Aktine der Tiere monophyletisch mit den Pilzen gruppiert werden, die nur einen einzelnen Aktintyp besitzen. Diese beiden Gruppen werden in diesem Baum auch als monophyletisch mit den Schleimpilzen dargestellt, die wiederum mehrere Aktingenkopien in ihrem Genom tragen. Dieses läßt den Schluß zu, daß entweder die unterschiedlichen Aktine in den Tieren und Schleimpilzen unabhängig voneinander durch Genduplikation entstanden sind oder daß ein gemeinsamer Vorfahr der Pilze diese Genduplikation sekundär wieder verloren hat. Im zweiten Fall wäre allerdings damit zu rechnen, daß nicht die einzelnen Gruppen monophyletisch gruppiert worden wären, sondern zumindest eine gewisse Durchmischung nach unterschiedlichen Aktingenen stattgefunden hätte.

Weiterhin sprechen für die Theorie, daß die unterschiedlichen Aktingene mehrfach unabhängig entstanden sind, noch andere Stellen im Eukaryotenstammbaum, an denen Gruppen mit Aktin in Einzelkopie und solche mit mehreren Aktingenen zusammen einen monophyletischen Ursprung besitzen.

Dieses tritt bei Grünalgen (Einzelkopie) und Pflanzen auf. Außerdem sind unterschiedliche Heterokontophyta (Fucus distychus und Costaria costata ), die Aktin in Einzelkopie besitzen, monophyletisch gruppiert und besitzen mit den anderen Heterokontophyta, die mit wenigen Ausnahmen mehrere Aktintypen besitzen, einen gemeinsamen Vorfahren.

Dieses deckt sich auch mit den Ergebnissen, die von Bhattacharya and Ehlting (1995) mit anderen phylogenetischen Rekonstruktionsmethoden gefunden und anschließend mit der ML-Methode im kleineren Maßstab überprüft wurden.

Problematisch für die Stammbaumanalysen sind die vielen kurzen Kanten innerhalb des Stammbaumes, da diese nur sehr schwer aufzulösen sind. Vor allem lassen sich solche Kanten im Bereich der Tiere beobachten.

Um eine weitere Auflösung der Verwandtschaftsverhältnisse zu erreichen, wurde versucht, die dritte Codon-Position in die Stammbaumanalyse mit einzubeziehen (Abb. 6.2). Bei dem so berechneten Stammbaum sind nur solche Gruppen immer noch monophyletisch, die auch schon im Stammbaum aus den ersten beiden Codon-Positionen durch lange Kanten vom Restbaum getrennt waren. Die Heterokontophyta und die Pflanzen bilden immer noch zwei monophyletische Gruppen. Die anderen Organismen sind jetzt jedoch über weite Teile des Stammbaumes verteilt. Z.B. findet man Organismen aus der Tierwelt an allen möglichen Stellen im Baum und auch andere Organismengruppen sind durch den sehr unterschiedlichen G+C-Gehalt zerrissen worden.

In dieser Form ist der Datensatz daher nicht mit allen Codon-Positionen brauchbar. Es wurde versucht, durch eine 1/S-Gewichtung mit 10 Gewichtsklassen weitere Informationen aus der dritten Position zu filtern. Doch in dem so rekonstruierten Baum in Abb. 6.4 sind immer noch die Tiere über den gesamten Baum verstreut. Selbst die Grünalgen, die in allen anderen in dieser Arbeit angestellten Analysen mit den Pflanzen eine monophyletische Gruppe bilden, sind im Baum an komplett anderen Stellen als erwartet zu finden. Auch hat sich die Auflösung im Bereich der internen kurzen Kanten nicht verbessert.

Daraus kann geschlossen werden, daß sich zumindest mit dieser Gewichtungsmethode keine weiteren Informationen aus der dritten Codon-Position herausfiltern lassen, da sich der Fehler aufgrund der großen Schwankungen im G+C-Gehalt zu sehr auf die Aussagekraft dieser Position auswirkt.


next up previous contents
Next: Plastidenentwicklung Up: Diskussion Previous: Maximum-Likelihood-Methode
Heiko Schmidt
7/17/1997